Phasenübergänge erhalten katalytische Aktivität
Grundlegende und wegweisende Arbeiten zu oszillierenden Oberflächenreaktionen wurden am Fritz-Haber-Institut bereits von Gerhard Ertl geleistet, der dafür 2007 den Nobelpreis für Chemie erhielt. Nun wurden Ertls Erkenntnisse noch erweitert. Forscher am Fritz-Haber-Institut haben kürzlich herausgefunden, dass bestimmte Phasenübergänge an Katalysatorenoberflächen die katalytische Aktivität erhalten.
Die gefundenen Phasenübergänge, also die physikalische oder chemische Veränderung von Stoffen und ihren Eigenschaften, sind von wesentlicher Bedeutung bei Katalysatoren in Gas- und Flüssigphasenreaktionen. Während man bereits seit längerer Zeit weiß, dass katalytische Reaktionen durch Phasenübergänge initiiert werden können, gab es dennoch bis vor kurzem keine Daten darüber, wie sich diese Phasenübergänge genau verhalten. Am Beispiel von Kupfer, einem gängigen Katalysator für eine Vielzahl von Reaktionen, konnte nun festgestellt werden, dass der Phasenübergang vom Metall zum stabilen Oxid nicht direkt stattfindet, sondern sich in einem Übergangsbereich mehrere räumlich getrennte Phasen gleichzeitig vorhanden sind und sich stetig ineinander umwandeln.
In der Katalysewissenschaft nennt man das ‚frustrierte Phasenübergänge‘. Metallische und oxidische Phasen wechseln einander periodisch ab, immer nach dem gleichen Muster, wie ein Uhrwerk, da sie unter den angewandten Bedingungen jeweils nicht stabil sind. Das bedeutet, dass selbst ein einfaches Metall wie Kupfer unerwartete Strukturen ausbildet, die sich ständig ineinander umwandeln und so auch die chemische Reaktivität verändern. In diesem Fall ist die Veränderung positiv, denn die katalytische Aktivität wird dadurch nicht verhindert, sondern bleibt genau deshalb erhalten.
Die visuelle Darstellung solcher frustrierter Phasenübergänge auf der Mikroskala ist Neuland in der Katalyseforschung. Dem Team vom Fritz-Haber-Institut unter Führung von Marc Willinger, Autor der Studie und damaliger Leiter der Arbeitsgruppe Elektronenmikroskopie am Fritz-Haber-Institut, gelang dies mit Hilfe eines speziellen Elektronenmikroskops, in dem Katalysatoroberflächen bestimmten Gasmischungen und Temperaturen ausgesetzt werden können. „Dieses Wissen über das Verhalten eines arbeitenden Katalysators kann nun in die Erstellung besserer Katalysatorenmodelle fließen“, so Robert Schlögl, Direktor der Abteilung Anorganische Chemie. Nicht zuletzt könnte es Hinweise auf die Langlebigkeit des Katalysators geben. Da man von anderen Stoffen weiß, dass eine Vielzahl von Phasenübergängen deren Reaktionsfähigkeit auf Dauer verändert, könnte mit dieser Erkenntnis auch dem Design möglichst langlebiger Kupfer-Katalysatoren geholfen sein.