Fluch und Segen von Sauerstoff in der Performanz von Nickelkatalysatoren während der Trockenreformierung von Methan

15. Januar 2024

Die Katalyse ist eine der Schlüsseltechnologien in der chemischen Industrie und beeinflusst unterschiedlichste Aspekte unseres täglichen Lebens, wie die Herstellung von Kunststoffen, die Synthese von Medikamenten aber auch die Produktion von Düngemitteln und Treibstoffen. Schätzungsweise ist heutzutage bei der Herstellung von 90% aller chemischen Produkte mindestens ein katalytischer Schritt beteiligt (Catal. Today, 2011, 163(1)). Die Katalyse ist ein komplexer Prozess, der auf die präzise strukturelle Kontrolle mehrerer Elemente an Phasengrenzen angewiesen ist. Während langfristig stabile Katalysatoren unerlässlich sind, um leistungsfähige und effiziente Reaktionen zu ermöglichen, durchlaufen die Reaktanden massive chemische Veränderungen, die zur Bildung der endgültigen, gewünschten Produkte führen. Bei der heterogenen Katalyse existieren Katalysator und Reaktanden in verschiedenen Phasen.

Unter den verschiedenen heterogenen katalytischen Prozessen hat die Trockenreformierung von Methan (DRM) in jüngster Zeit akademische Aufmerksamkeit erregt, da sie zwei Treibhausgase, Methan (CH4) und Kohlendioxid (CO2), in Wasserstoff (H2) und Kohlenmonoxid (CO) umwandelt. Diese Mischung ist auch als Synthesegas bekannt und kann dazu beitragen, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern, indem von ihr ausgehend lang-kettige Kohlenwasserstoffe über die Fischer-Tropsch-Chemie aufgebaut werden können. Obwohl Nickel- und Kobalt-basierte Katalysatoren, die kostengünstig und auf der Erde reichlich vorhanden sind, vielversprechende Aktivität in der DRM Reaktion gezeigt haben, ist die Entwicklung von Hochleistungskatalysatoren oft eine Herausforderung, da der Zusammenhang zwischen chemischer Dynamik, der Bildung der aktiven Oberflächenspezies und ihren Reaktionswegen im Allgemeinen fehlt. Dieses Wissen kann nur aus sogenannten operando-Experimenten gewonnen werden, in denen Struktur und Funktion gleichzeitig untersucht werden.

Eine gemeinsame Arbeit von Wissenschaftler*innen aus den Abteilungen für Anorganische Chemie und Theorie am Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft in Berlin lieferte grundlegende Einblicke in die Prozesse, die an der Katalysatoroberfläche ablaufen, und wie diese die katalytische Leistung während der DRM beeinflussen.

Insbesondere untersuchten sie die Rolle verschiedener Sauerstoffspezies auf einem Nickelkatalysator während der DRM und kombinierten dafür experimentelle mit theoretischen Techniken, wie operando-Rasterelektronenmikroskopie, Röntgenphotoelektron-Spektroskopie nahe dem Umgebungsdruck und Computer Vision. Sie hoben die entscheidende Rolle der dissoziativen CO2-Adsorption bei der Regulierung des Sauerstoffgehalts des Katalysators und der CH4-Aktivierung hervor. Darüber hinaus entdeckten sie das Vorhandensein von drei metastabilen Sauerstoffspezies am Katalysator: atomarer Oberflächensauerstoff, subsurface Sauerstoff und NiOx Volumenphasen. Interessanterweise zeigten diese unterschiedliche katalytische Eigenschaften und ihr Zusammenspiel und ihre Umwandlung führten zu Oszillationen der Oberflächenzustände und in der katalytischen Funktion.

Das Team beobachtete, dass ein Teil des Oberflächensauerstoffs in das Katalysatorvolumen eindrang, wodurch die Verfügbarkeit des Katalysators für die CH4-Aktivierung verringert und stattdessen die Diffusion von CO2 und O begünstigt wurde. Das Ausmaß der Volumendiffusion wurde weiterhin durch Röntgenspektroskopie und Transmissionselektronenmikroskopie nachgewiesen, die das Vorhandensein von Sauerstoff mehrere Nanometer unterhalb der Oberfläche der Katalysatoren nachwies. Infolgedessen wurden neue metallische Oberflächenplätze freigelegt, was zu einer erhöhten Rate der Sauerstoffaufnahme und zu einer Abnahme des H2/CO-Produktverhältnisses führte. Schließlich verstanden sie, dass die Dosierung von CO2 für die CH4-Umwandlung unerlässlich ist. Es liegt daher nahe, dass oxygenierte Oberflächenspezies die Methan-Aktivierung unterstützen. „Es war beeindruckend zu sehen, wie die Metastabilität des Ni-O-Systems die katalytische Leistung selbst reguliert und dass ein Element aus den Reaktanden den gesamten Prozess steuern kann, der von seiner Position und seiner Chemie abhängt. Wir hoffen, dass unsere Erkenntnisse neuen Schwung in die Anpassung von Langlebigkeit und Selektivität in der Katalyse geben können", sagt PD Dr. Thomas Lunkenbein, Leiter des Projekts und Mitautor der Studie.

Das Verständnis der Metastabilität der Oberflächen von Katalysatoren, zusammen mit der Kontrolle darüber, den dynamischen aktiven Zustand zu stabilisieren, hat wichtige Implikationen für die Zukunft der Katalyse. Insbesondere liefert es Erkenntnisse, die auf die industrielle Ebene und das Design von Reaktoren übertragen werden können, wo ein aktiver Zustand mit minimalen energetischen Barrieren bevorzugt wird. Dies könnte entweder durch die Verwendung von stärkeren Oxidationsmitteln, wie Wasser (H2O) und Distickstoffoxid (N2O), oder durch die Begrenzung der Sauerstoffdiffusion in das Volumen durch den Einsatz von Nanopartikeln oder Dünnschichttechnologie erreicht werden. Die Entwicklung von Katalysatoren auf Basis von maßgeschneiderten Dünnschichten ist der Schwerpunkt von CatLab, einer gemeinsamen Forschungsplattform zwischen dem FHI, dem Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) und industriellen Partnern, welches vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) als Brücke zwischen Forschung und Industrie gefördert wird.

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