Selektivität von Katalysatoren steuern

21. April 2022

Um die Energiewende erfolgreich zu gestalten und gesellschaftlich CO2-Neutralität zu erreichen, ist es wichtig, Technologien zu entwickeln, durch die das Treibhausgas CO2 effizient in chemische Rohstoffe und Kraftstoffe umgewandelt werden kann. Die elektrochemische CO2-Reduktionsreaktion kann diese Aufgabe durch den Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien erfüllen.
 

Unbeantwortet blieb bisher jedoch die Frage, wie die Reaktionsprodukte kontrolliert und gesteuert werden können. Forschende der Abteilung Grenzflächenwissenschaft des Fritz-Haber-Instituts und der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel fanden nun heraus, dass dies durch eine periodisch angelegte elektrische Spannung (Spannungspulse) möglich ist.

Die elektrochemische CO2-Reduktionsreaktion (CO2RR) ist eine kostengünstige und umweltfreundliche Art, um CO2 in wertvolle Chemikalien und Kraftstoffe umzuwandeln, wenn sie durch erneuerbare Energien angetrieben und mit CO2-Katalysatoren unterstützt wird. Jedoch ist das Spektrum der möglichen Reaktionsprodukte breit gefächert und die Korrelationen zu den verschiedenen Katalysatoreigenschaften, insbesondere während der Reaktion, kaum verstanden. Dies verhindert die praktische Anwendung CO2RR. Das Forscherteam hat nun die Eigenschaften des Elektrokatalysators umfassend unter Reaktionsbedingungen erforscht und gezeigt, dass die Struktur des Katalysators nach Bedarf durch dynamische Reaktionsbedingungen kontrolliert werden kann. Mit dieser Idee konnten sie die Beziehung zwischen der Katalysatorstruktur und der katalytischen Eigenschaften systematisch untersuchen und ein Rezept eintwickeln, wie die Selektivität hinsichtlich bestimmter Chemikalien gesteuert werden kann. Die Forschungsergebnisse wurden heute in „Nature Catalysis“ veröffentlicht.

Kupferbasierte Katalysatoren, insbesondere aus Kupferoxid abgeleitete, haben sich schon länger durch vielversprechende Selektivitäten bezüglich hochwertiger Kohlenwasserstoffe unter konstanter Spannung bewährt. Dennoch bleibt die Kontrolle der Selektivität der Katalysatoren wegen der komplexen Reaktionsmechanismen der CO2RR eine große Herausforderung. Durch die Nutzung von größen- und formkontrollierten Cu2O-Nanokatalysatoren haben die Forschenden gezeigt, dass die kritischen Parameter, welche Eigenschaften und Funktion der Katalysatoren beeinflussen, bequem angepasst werden können. So kann der Oxidationszustand von Kupfer und die Struktur des gebildeten Oxids durch eine geeignete Wahl der angelegten Spannung und durch die zeitliche Dauer des Spannungspulses gesteuert werden. Insbesondere die Balance zwischen oxidiertem und metallischem Kupfer auf der Katalysatoroberfläche sowie direkt darunter kann über anhaltende Reaktionszeiten durch eine Kombination von kurzen anodischen (oxidativen) und kathodischen (reduktiven) Spannungspulsen erhalten bleiben kann. Eine wichtige Errungenschaft dieser Studie ist die günstige Produktion von Ethanol durch das erhaltene dynamische Gleichgewicht zwischen oxidierten und reduzierten Kupfer-Spezies. Dies erlaubt eine drastische Zunahme der CO2-Selektivität von Ethanol im Vergleich zu statischen CO2RR-Bedingungen.

Ein Highlight dieser Arbeit ist außerdem der Beweis, dass strukturelle Veränderungen des Katalysators unter Operando-Redaktionsbedingungen durch die Nutzung von zeitaufgelösten Synchotron-basierten Methoden verfolgt werden können. Genauer gesagt, konnten die FHI-Forscher die periodischen Änderungen des Kupfer-Oxidationszustandes beobachten und entdeckten dadurch die Bildung einer verzerrten Oxidstruktur, die nach jedem Postentialpuls regeneriert wird. Diese konkreten Veränderungen der chemischen und geometrischen Struktur des Katalysators können die beobachtete Verbesserung der Selektivitätstrends erklären, in denen eine metallische Kupferoberfläche die Ethylenproduktion begünstigt, während Cu2O vor allem Methan und CO fördern. Die gleichzeitige Präsenz des verzerrten Kupferoxids sowie metallischem Kupfer erleichtert jedoch die Produktion von Ethanol. Diese Ergebnisse wurden durch eine synergistische Kombination von Röntgenabsorptionsspektroskopie, Röntgenbeugng und Röntgenphotoelektronenspektroskopie erzielt.

Die Studie zeigt das enorme Potential der gepulsten Elektrolyse, die Katalysatorleistung zu steuern und zu optimieren und unterstreicht die Bedeutung von Operando-Untersuchungen - ein Schwerpunkt der Abteilung Grenzsflächenwissenschaft - für das Verständnis einer neuen Generation von Katalysatoren.

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