Nachruf auf Werner Keune

30. März 2021

Wir trauern um Prof. Dr. Werner Keune, der am 27. März 2021 in Folge einer mehrjährigen Krebserkrankung verstarb. Mit seiner vielseitigen und erfolgreichen wissenschaftlichen Karriere hat er die Experimentalphysik an der Universität Duisburg-Essen über Jahrzehnte maßgeblich mitgestaltet.

Seinen Werdegang begann Werner Keune als Diplomand an der TU München, wo er sich ab 1965 für die Mößbauerspektroskopie als Promotionsthema in der Gruppe von Prof. Edgar Lüscher entschied. Nach zwischenzeitlichem Aufenthalt in den USA schloss er 1969 seine Promotion ab, die auch von dem Nobelpreisträger Prof. Rudolf L. Mößbauer begutachtet wurde. Im selben Jahr entschied er sich, einer neuen Gruppe zur Mößbauerspektroskopie unter Prof. Ulrich Gonser an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken zu folgen. Dort lernte er auch seine zukünftige Frau Ingeborg kennen. Nach seiner Habilitation 1975 folgte Werner Keune einem Ruf an die Gesamthochschule Duisburg, heute Universität Duisburg-Essen, und nahm eine Professur zur Angewandten Physik an. Hier begann er von Grund auf mit der Errichtung eines neuen Labors zur Mößbauerspektroskopie, welches seit nunmehr 46 Jahren bis zum heutigen Tag in Betrieb ist, und konnte einen wichtigen Beitrag zum Verständnis nanomagnetischer Schichtsysteme leisten. Diese wurden auch im SFB 491 untersucht, dessen stellvertretender Sprecher er viele Jahre war.

Als Gruppenleiter erarbeitete sich Prof. Keune in Duisburg einen beachtlichen Ruf auf seinem Gebiet. Hierbei bleiben nicht nur seine zahlreichen, erfolgreichen internationalen Kooperationen in Erinnerung, sondern auch die sehr gute Betreuung seiner Diplomand_innen und Doktorand_innen. Er war ein begeisterter Forscher, der seinen Themen mit größter Hingabe nachging und sichtlich Spaß an der Weitergabe seines Wissens empfand. Gerne erinnert sich seine frühere Doktorandin, heute Direktorin am Fritz-Haber-Institut, Prof. Beatriz Roldán Cuenya, an die langjährige Freundschaft, die gemeinsamen Forschungsarbeiten, und an seine immerzu positive Lebenseinstellung. Selbst als bei einem Forschungsaufenthalt bei ihr an der University of Central Florida der Rückflug wegen eines Hurrikans gestrichen wurde, war das für Prof. Keune nur zusätzliche, ungestörte Zeit, um weiter an einem Manuskript zu arbeiten. Nicht einmal der durch den Sturm ausgelöste Stromausfall und 38 °C Hitze konnte ihn davon abhalten, das gemeinsame Paper bei Kerzenlicht zu vollenden.

Wann immer er konnte, reiste Prof. Keune für Synchrotron-Strahlzeiten in die USA oder nach Japan, zusammen mit Doktorand_innen und Postdocs, und legte als begeisterter Experimentator auch immer selbst Hand an der Beamline an. Ehemaligen Gruppenmitgliedern blieb Prof. Keune als ein wichtiger Mentor in Erinnerung, der wahrlich die Bezeichnung eines Doktorvaters verdient. Oftmals blieben sie noch Jahre nach ihrer Promotion in engem Kontakt mit ihm. Jede Diplomarbeit, Dissertation, jedes Paper las er sich auch bei knapper Zeit immer gewissenhaft durch, bis jedes Detail seinen hohen wissenschaftlichen Ansprüchen genügte.

Im Jahr 2006 ging Prof. Keune in den Ruhestand, blieb aber zeitlebens als aktiver Forscher seiner Duisburger Gruppe stets treu. Sein Nachfolger, Prof. Heiko Wende, brachte seine eigenen synchrotronbasierten Methoden und Expertisen aus Berlin mit, führte aber die Mößbauerspektroskopie nahtlos weiter, sodass die Forschungsgruppe Wende auf einen großen Schatz an Erfahrung und Ausstattung aufbauen konnte. Prof. Keune betreute auch in den Jahren seines Ruhestandes aktiv Student_innen, unter anderem als Gastwissenschaftler am MPI Halle, und nahm noch bis 2016 aktiv an Strahlzeiten an der Advanced Photon Source (ANL; USA) teil, war aber froh, nicht mehr die Nachtschicht übernehmen zu müssen. Auch Dr. Soma Salamon, Postdoc in der Gruppe Wende, erinnert sich mit Freude an diese sehr spannenden, teils abenteuerlichen Reisen zur APS; selbst Schneestürme bei -20 °C stellten für den Eifer von Prof. Keune kein Hindernis dar. Auch in seinen letzten Jahren war er in den neuesten Projekten involviert, und teilte seinen unermesslich wertvollen Erfahrungsschatz mit allen Mitgliedern der Gruppe. Bis zuletzt war er nicht auf sich selbst bedacht, sondern machte sich mehr Sorgen um die Vollendung gemeinsamer, noch nicht publizierter Manuskripte.

Wir alle sind dankbar für die Zeit, die wir mit ihm verbringen konnten, und verlieren mit ihm nicht nur einen sehr geschätzten Kollegen und begnadeten Experimentalphysiker, sondern auch einen guten Freund. Stets denken wir mit Freude an seine immerzu positive, humorvolle, hilfsbereite und menschliche Art, die er auch in schwierigen Zeiten nie verlor. Wir erinnern uns gerne an die vielen Jahre der guten Zusammenarbeit, und an einen geduldigen Mentor, der vielen jungen Wissenschaftler_innen zu den Anfängen ihrer Laufbahn verhalf.

Wir möchten seiner Familie, insbesondere seiner Frau, seinen Kindern, seinen Enkeln sowie Freunden unser tiefes Mitgefühl aussprechen.

 

Richard Brand, Universität Duisburg-Essen
Ralf Röhlsberger, Friedrich-Schiller Universität Jena
Beatriz Roldán Cuenya, FHI der MPG Berlin
Soma Salamon, Universität Duisburg-Essen
Heiko Wende, Universität Duisburg-Essen
Hartmut Zabel, Ruhr-Universität Bochum

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