Mikroskopische Umwandlungen von Elektrodenoberflächen

17. August 2023

Ein wichtiger Baustein zur Erreichung der Klimaziele ist es, Technologien zu entwickeln, mit denen sich aus CO2 mit Strom aus erneuerbaren Energien synthetische Kraftstoffe und chemische Grundstoffe herstellen lassen. In der elektrochemischen Umwandlung von CO2 wird vermutet, dass Defektstrukturen auf Katalysatoroberflächen einen signifikanten Einfluss auf die Selektivität haben. Forschende der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und der Abteilung Interface Science des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft zeigten nun, dass bereits in den Anfangsstadien der Reaktion atomare Umordnungen auftreten.
 

Gemeinsame Pressemitteilung der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel  (CAU) und des Fritz-Haber-Instituts der Max-Planck-Gesellschaft

Kupfer ist ein unverzichtbares Katalysatormaterial, um mit dem Verfahren der CO2 Reduktion wertvolle Chemikalien und Kraftstoffe, wie beispielsweise Ethanol, herzustellen. Besonders günstig dafür ist es, wenn die Kupferatome an der Katalysatoroberfläche ihre Ordnung verlieren. Dies kann beispielsweise durch eine oxidierende (Vor-)Behandlung der Kupferoberfläche oder durch Legierungen erreicht werden. In einer gemeinsamen Studie des Instituts für Experimentelle und Angewandte Physik der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) und der Abteilung Interface Science des Fritz-Haber-Instituts (FHI) der Max-Planck-Gesellschaft (MPG) stellte sich nun heraus, dass bereits im äußersten Anfangsbereich der elektrokatalysierten CO2 Reduktion solche ungeordneten Strukturen auch spontan entstehen. Die Forschenden beobachteten dabei, dass Kupferatome aus dem Inneren des Metalls auf die Oberfläche wechselten und dort weitgehend freistehende Gruppen aus wenigen Atomen bildeten. Diese Umordnung des Metalls wird durch CO, ein Zwischenprodukt der Reaktion verursacht, und bleibt auch bei hohen Reaktionsgeschwindigkeiten erhalten. Die Forschungsergebnisse wurden heute in der renommierten Fachzeitschrift Nature Catalysis veröffentlicht.

„Die elektrokatalytische CO2 Reduktion an Metallen läuft in wässriger Karbonatlösung, ähnlich wie Mineralwasser, ab, wobei sich unter anderem Wasserstoffgas bildet. Die auf atomarem Maßstab ablaufenden Prozesse detailliert zu untersuchen, ist hier schwierig, “, sagt Olaf Magnussen, Professor für Festkörperphysik an der CAU.

Das Forschungsteam kombinierte daher verschiedene Methoden, die sich auch unter diesen anspruchsvollen Bedingungen einsetzen lassen. Das Kieler Team beobachtete die Umwandlung der Kupferoberfläche zunächst direkt mit hochauflösender elektrochemischer Rastertunnelmikroskopie im Anfangsstadium der CO2 Reduktion (siehe Abbildung). Diese Methode erlaubt es, die Atome und Moleküle an der Oberfläche direkt sichtbar zu machen.

Untersuchungen mit Röntgenbeugung, die die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Kiel und Berlin an der PETRA III-Synchrotronquelle des Deutschen Elektronensynchrotron DESY in Hamburg, durchführten, bestätigten die Umwandlung. Außerdem zeigten diese Messungen, dass die freistehenden Kupferatome auch bei hohen Reaktionsgeschwindigkeiten erhalten bleiben, aber keine weiteren entstehen. Molekülspektroskopische Untersuchungen am FHI zeigten schließlich, dass die Änderungen durch das gebildete CO verursacht wurden.

„Die Ergebnisse legen nahe, dass diese drastische Umordnung an der Elektrodenoberfläche jedes Mal auftritt, wenn das für die CO2 Reduktion benötigte elektrische Potential eingeschaltet wird. Das war bisher nicht bekannt, könnte aber eine wichtige Rolle in der Katalyse spielen“, sagt Professorin Beatriz Roldán Cuenya, Direktorin der Abteilung Interface Science am FHI.
Eine Strategie, um die Struktur des Katalysators und damit die Art der gebildeten Stoffe zu beeinflussen, ist der Betrieb der Elektrode mit Spannungspulsen. Tatsächlich zeigten das bereits frühere Arbeiten des Forschungsteams. Allerdings wurde das Kupfer dort mittels elektrischer Energie periodisch oxidiert, was ein Umpolen der Elektrode erfordert. Nach den neuen Ergebnissen könnten ähnliche Effekte möglicherweise bereits durch einfaches Ein- und Ausschalten des Stroms erzielt werden. „Insgesamt bestätigt die Studie unseren Ansatz, dass für die Realisierung dieser umweltfreundlichen Technologie nicht allein das Elektrodenmaterial relevant ist, sondern in großem Maße auch die Betriebsbedingungen und die Umgebung auf Mikroebene“, so das Team.

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