Neues Verständnis von Wasserelektrolyse

8. August 2022

Die Wasserelektrolyse ist eine Schlüsseltechnologie für die CO2-neutrale Wasserstofferzeugung. Eine der wichtigsten technologischen Hürden ist die Entwicklung stabiler, aktiver und kostengünstiger Katalysatoren für die anodische Sauerstoffentwicklungsreaktion (OER). Forschende der Abteilung für Grenzflächenwissenschaften haben nun wichtige quantitative Einblicke in die oberflächennahe Struktur von sauerstoffentwickelnden CoOx(OH)y-Nanopartikeln geliefert, welche heute in Nature Energy veröffentlicht wurden.
 

Die Wasserelektrolyse ist eine Schlüsseltechnologie für die CO2-neutrale Wasserstofferzeugung, mit Hilfe elektrischer Energie erzeugt aus erneuerbaren Energiequellen wie Sonne und Wind. Eine der wichtigsten technologischen Hürden ist die Entwicklung stabiler, aktiver und kostengünstiger Katalysatoren für die anodische Sauerstoffentwicklungsreaktion (OER), die einen Engpass in der Wasserstofferzeugung darstellt. Bislang ist jedoch die oberflächennahe Struktur der arbeitenden Elektrokatalysatoren noch weitgehend unbekannt und damit auch auf atomarer Ebene die entscheidenden katalytischen Eigenschaften eines idealen Katalysators. Diese Lücke im Verständnis verzögert jedoch die erforderliche wissensbasierte Optimierung von Katalysatoren.

Forschende des Departments für Grenzflächenwissenschaften des Fritz-Haber-Instituts unter der Leitung von Dr. Arno Bergmann und Prof. Beatriz Roldan Cuenya sowie in enger Zusammenarbeit mit Dr. Travis Jones (AC Department) haben nun wichtige quantitative Einblicke in die oberflächennahe Struktur von sauerstoffentwickelnden CoOx(OH)y-Nanopartikeln geliefert, welche in Nature Energy veröffentlicht wurden. Ihre Erkenntnisse, über das vorherrschende Strukturmotiv an der Oberfläche während alkalischer Elektrolyse, legen nahe, dass die lange vertretende Ansicht eines großen Teils der Wissenschaftsgemeinschaft, hoch-valente Metallionen seien die treibende Kraft der OER, überdacht werden müsste.

Die Erzeugung von Wasserstoff ohne fossile Brennstoffe (grüner Wasserstoff) durch Wasserelektrolyse ist seit mehreren Jahrzehnten Gegenstand intensiver Forschungsbemühungen. Erst jetzt, im Lichte der jüngsten politischen Entwicklungen sowie der sinkenden Kosten für Strom aus erneuerbaren Energiequellen, ist die Möglichkeit, Elektrolyseure direkt mit sauberen Energiequellen zu koppeln, wirtschaftlich attraktiv geworden. Bei der Wasserelektrolyse ist die anodische Sauerstoffentwicklungsreaktion (OER) nach wie vor der Engpass, der bisher die Gesamteffizienz begrenzt und eine breitere industrielle Anwendung behindert. Bei der Entwicklung von Katalysatoren ist die Größe der Nanopartikel ein kritischer Parameter, mit dem der Materialeinsatz minimiert werden kann. Darüber hinaus kann die Untersuchung der größenabhängigen Eigenschaften und ihrer katalytischen Funktion entscheidende Erkenntnisse über die wichtigsten Eigenschaften aktiver Katalysatoren liefern.

Dieser Strategie folgend, untersuchten die Forschenden die größenabhängige katalytische Aktivität von CoOx(OH)y-Nanopartikeln bis hinunter zu einer Größe von 1 nm sowie deren strukturelle Anpassung an die katalytischen Bedingungen. Sie zeigten, dass kleinere CoOx(OH)y-Nanopartikel, insbesondere kleiner als 5 nm, die Wasserelektrolyse effizienter katalysieren. Bemerkenswerterweise wurde dieser Anstieg der katalytischen Aktivität nicht nur in Bezug auf die eingesetzte Katalysatormasse beobachtet, was eine effizientere Materialnutzung erlaubt, sondern auch in Bezug auf die Katalysatoroberfläche, was auf einen Partikelgrößeneffekt und das ausgeprägtere Vorhandensein hochaktiver Katalysatorplätze schließen lässt. Diese Ergebnisse liefern klare Strategien für die Entwicklung verbesserter Katalysatoren für die alkalische Wasserelektrolyse, die nun unter industriellen Bedingungen getestet werden können.

Darüber hinaus zeigen die Forschenden eine größenabhängige Veränderung der Struktur und des chemischen Zustands der CoOx(OH)y-Nanopartikel während der alkalischen Sauerstoffentwicklungsreaktion was sich in einer oberflächennahen Co-O Bindungskontraktion äußerte. Hier erlaubte die herausragende wissenschaftliche Infrastruktur und die gute Zusammenarbeit am Fritz-Institut zu zeigen, dass die CoOx(OH)y unter OER-Bedingungen reversibel Ladung in der oberflächennahen Schicht akkumulieren, was nur durch operando-Röntgenabsorptionsanalyse nachweisbar ist. Diese Ladungsakkumulation treibt nicht nur katalytische Prozesse an, sondern induziert auch eine Oxidation und Kontraktion der Co-O-Bindungen. Die Kombination der experimentellen Erkenntnisse mit theoretischen Berechnungen deutet darauf hin, dass sich die akkumulierte oxidative Ladung vorwiegend an den Sauerstoffatomen auf der Katalysatoroberfläche befindet, was auf Oxyl-Adsorbate zurückzuführen ist. Dieser Prozess steht im Gegensatz zur Co4+-Bildung, welcher in der Literatur oft vertreten wird, und deutet auf eine Ladungsumstrukturierung in den 3d-Orbitalen der Co3+-Ionen während der OER hin. Am wichtigsten ist, dass die Forscher zeigen, dass die gemittelte Ladungsakkumulation bei den kleineren und aktiveren Nanopartikeln zunimmt, allerdings in geringerem Maße als angesichts des Verhältnisses von Oberfläche zu Volumen zu erwarten wäre. Die Forschenden waren daher in der Lage, erste quantitative Erkenntnisse über die oberflächennahe strukturelle Anpassung der Katalysatoren an die OER-Bedingungen gewinnen zu können. Die kombinierten Erkenntnisse über die katalytische Funktion und die Eigenschaften des arbeitenden Katalysators tragen somit wesentlich zu einem vereinheitlichten operando-mechanistischen Verständnis der OER bei, einer Voraussetzung für die wissensbasierte Entwicklung verbesserter Elektrokatalysatoren für die alkalische Elektrolyse und somit für eine effizientere Wasserstoffproduktion.

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