„Feinwerkmechaniker spielen den ganzen Tag Lego für Erwachsene“
Oscar Radke schloss im Februar 2022 erfolgreich seine Ausbildung zum Feinwerkmechaniker ab, die er am Fritz-Haber-Institut absolvierte. Seitdem arbeitet er dort in der feinmechanischen Werkstatt. Er hat Abitur, studieren wollte er aber nicht direkt im Anschluss. Stattdessen entschied er sich für die Ausbildung, um einen Einblick in die praktische Arbeitswelt zu erlangen – und weil er gern sein handwerkliches Geschick auf die Probe stellt.
Warum hast du Dich für diese Ausbildung am Fritz-Haber-Institut entschieden?
Für die Ausbildung entschied ich mich recht spontan, da ich, wie fast jeder in meinem Alter in der 12. Klasse mit 17, noch keinen Plan hatte wie ich meinen Lebensunterhalt verdienen wollte. Fest stand für mich nur eins: weiter nur die Schulbank zu drücken war keine Option. Ich wollte etwas machen, was mir Spaß macht, wo ich meine Kreativität ausleben kann und nebenbei angemessen dafür bezahlt werde. Auch wollte ich etwas tun, bei dem man im Nachhinein sein Schaffen sieht und in der Hand halten kann. Ich hatte schon in der Grundschule großen Spaß daran, Baugruppen zusammenzufügen, und habe mir zu jeder Gelegenheit LEGO Star-Wars-Sets gewünscht. Dabei hat mir das Bauen und zusammenstecken der Teile am meisten gefallen – wenn die Raumschiffe dann fertig waren, standen sie nur rum und staubten ein. Deswegen machte der Beruf des Feinwerkmechanikers Sinn für mich, denn Feinwerkmechaniker spielen schließlich den ganzen Tag Lego für Erwachsene.
Was waren Deine Lieblingsfächer in der Schule?
Meine Lieblingsfächer waren Kunst und WAT (Wirtschaft-Arbeit-Technik), aber auch in Mathe hatte ich lange meinen Spaß. Ich liebe es, mich auf einem Blatt Papier oder einer Leinwand künstlerisch auszutoben und meiner Phantasie freien Lauf zu lassen. Aber am besten fand ich die Kunstprojekte, bei denen man ins Räumliche gehen musste, zum Beispiel, indem man mit Pappmaché und Schuhkartons Skulpturen kreierte. In der Grundschule gab es noch das Fach Werken, was später WAT hieß, wo wir aus verschiedenen alltäglichen Materialien kleine, nützliche Gegenstände schufen. Einmal bauten wir dort aus Holzteilen eine Zauberkiste, die nur mit einem ganz bestimmten Griff und etwas Geschicklichkeit geöffnet werden konnte. Das fand ich toll.
Wie sieht Dein Alltag am Institut aus?
Während der Ausbildung ist man immer abwechselnd zwei Wochen im Betrieb und eine in der Schule. Im Institut fängt man natürlich erst mal langsam an, die Fertigkeiten zu erlernen, die man später in dem Beruf braucht, und macht sich mit dem Material Metall und Kunststoff vertraut. Wenn man dann langsam selbstständiger arbeiten kann und darf, fängt der Spaß erst richtig an, denn man kann sehr kreativ werden. Ich habe während der Ausbildung zur Übung Miniaturversionen eines Traktors, eines Trikes (also ein Motorrad / Bike mit 3 Rädern), und des Berliner wie des Münchner Fernsehturms gebaut. Aber auch Teile, die ich im Alltag gebrauchen kann, wie einen Locher oder einen Eierbecher. Die meiste Zeit arbeitet man an konventionellen Werkzeugmaschinen wie der Drehbank und der Fräsmaschine, von Zeit zu Zeit muss man noch mit seinen eigenen Händen und z.B. einer Feile etwas nachhelfen. Manchmal kann man sich bei einer Aufgabe durch das Programmieren einer Computergesteuerten CNC-Maschine Unterstützung holen.
Wie findest Du die Berufsschule - was macht dir am meisten Spaß, was findest du am sinnvollsten?
Meine Berufsschule war das Oberstufenzentrum für Maschinen- und Fertigungstechnik in Reinickendorf. Dort ist der Ausbildungsunterricht unterteilt in 15 Lernfelder die man im Laufe der 3,5 Jahre Ausbildung durchläuft. Dazu gehören Technisches Englisch, Fertigungstechniken, Wartung und Instandhaltung technischer Systeme, aber auch Programmieren, Arbeitsplanung und Feinbearbeitung von Flächen (Polieren). Am besten an der Berufsschulzeit fand ich aber, dass der schulische Part der Ausbildung nicht nur ausschließlich theoretisch ist, sondern auch Besuche der sogenannten Labore dazugehören. Zum Beispiel lernt man die Grundlagen des Gießens und geht dann im Anschluss in die schuleigene Gießereiwerkstatt, wo man beigebracht bekommt, wie man eine Gussform baut, und danach seinen eigenen kleinen Schraubstock gießt.
Was waren Deine spannendsten Projekte hier am Fritz-Haber-Institut?
Wir machen ganz unterschiedliche Sachen. Bei einem abteilungsübergreifenden Azubiprojekt kreierten wir ein Zugangskontrollsystem zum elektronischen Öffnen der Türen des FHI. Dabei übernahmen Informatiker aus dem GNZ und der IT-Abteilung PP&B die ganze Software, das Elektroniklabor sorgte für das Löten von Raspberry-Pis, und wir in der Feinwerkmechanik druckten das Gehäuse mit einem 3D-Drucker. Bei dem Projekt lag der Schwerpunkt zwar nicht bei der Werkstatt, aber es war trotzdem toll, an etwas Interdisziplinärem mitzuarbeiten. Eigenständiger war mein Projekt aus dem 3. Lehrjahr, das fast jeder Azubi hier am FHI bearbeitet: ich baute einen hochkomplexen Stirling-Motor als Miniaturversion! Dabei wird durch eine Flamme die Luft zwischen zwei Reagenzgläsern erwärmt, sodass ein Überdruck entsteht, der die Grafitkolben des Motors in Gang setzt und so die das Messingrad durch eine Unwucht in Bewegung bleibt, bis die Flamme erlischt und sich die Luft abkühlt. Das war ziemlich cool!