Vielen Dank für die letzten 29 Jahre
 

Robert Schlögl geht in seinen wohlverdienten Ruhestand
 

31. März 2023

Ab April 2023 wird das Fritz-Haber-Institut etwas anders aussehen. Der Direktor der Abteilung für Anorganische Chemie hat am 31.03.2023 seinen letzten Arbeitstag in dieser Position und geht dann in seinen wohlverdienten Ruhestand. Zwar startete er zu Beginn des Jahres seine Präsidentschaft in der Alexander von Humboldt-Stiftung, seine primär wissenschaftliche Karriere beendet er jedoch an diesem Tag.

1994 kam er mit 39 Jahren als Direktor ans FHI und hat seitdem das Institut sowohl wissenschaftlich als auch institutionell maßgeblich mitgestaltet.

"Roberts Energie und Ideenreichtum scheinen unerschöpflich zu sein, er hat so viele tolle Dinge in seiner Karriere auf den Weg gebracht wie wohl kaum ein anderer. Man wusste zwar selten genau wo er war und ist, daher habe ich oft gesagt: er ist wie ein Elektron, stark delokalisiert, aber wenn immer man eine wichtige Antwort oder Input von ihm braucht, ist er verfügbar. Und dabei hat er stets über seinen Tellerrand hinausgeblickt und hat auf der Basis von Spitzenwissenschaft in die Gesellschaft gewirkt." – Ferdi Schüth, MPI für Kohlenforschung

Das wissenschaftliche Ziel seiner Abteilung war und ist, ein allgemeines Verständnis der heterogenen Katalyse zu gewinnen und zu verschärfen, um aktuelle und zukünftige globale Herausforderungen lösen zu können. Dabei geht es vor allem um die Forschung zur Transformation des Energiesystems und die entsprechende Entwicklung von analytischen Methoden.

Einer der wichtigsten Partner und ein hochgeschätzter Unterstützer des Helmholtz-Zentrum Berlins

„Robert Schlögl war und ist einer der wichtigsten Partner und ein hochgeschätzter Unterstützer des Helmholtz-Zentrum Berlins und seiner Lichtquelle BESSY II. Robert hat dabei vielfältige Rollen in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten eingenommen. Er war Mentor, Aufsichtsratsmitglied, Projektpartner und Power-User von BESSY II.  Mit seinen kreativen Ideen und seinem Tatendrang hat er das HZB mitgestaltet. Dabei hatte er stets die internationale Sichtbarkeit des Standort Berlin im Blick und die Idee herausragender Wissenschaft gepaart mit dem Ziel zu Lösungen für drängende Herausforderungen unserer Zeit beizutragen. Die gemeinsamen Projekte EMIL, Belchem und insbesondere CatLab sind beispielhaft und werden für die Wissenschaft der kommenden Jahre und darüber hinaus von nachhaltiger Bedeutung sein.“ – Bernd Rech, HZB

"Roberts Interesse an der Weiterentwicklung von experimentellen Techniken und Einrichtungen, insbesondere für die Untersuchung von heterogenen Reaktionen unter in-situ- und operando-Bedingungen, hat dazu beigetragen, neue Forschungsmöglichkeiten zu schaffen. Paradebeispiele dafür sind die zahlreichen Strahlrohre, die der physikalischen Grenzflächenchemie bei BESSY gewidmet sind." – Hendrick Bluhm, FHI

Zahlreiche wissenschaftlichen Ehrungen, Mitgliedschaften und Publikationen belegen die sehr erfolgreiche Karriere des international ausgewiesenen und hervorragend vernetzten Wissenschaftlers, der auch den Austausch mit Politiker*innen nicht gescheut hat.

„Neben seiner einzigartigen wissenschaftlichen und strategischen Kompetenz, der wir am HZB viel verdanken ist Robert für mich im besten Sinne des Wortes ein kritischer Freund, der das Herz am rechten Fleck hat und nicht zuletzt ist Robert für mich auch ein richtiger bayrischer „Spezl“ – einer mit dem man durch dick und dünn gehen kann – und der einen mit seiner Lebensfreude und Energie mitreißt.“ - Bernd Rech, HZB

Bei dieser Zäsur am Fritz-Haber-Institut scheint es richtig, Robert Schlögl selbst zu Wort kommen und die vergangenen 29 Jahre als Direktor Revue passieren lassen.

 

Lieber Robert Schlögl, worauf sind Sie wissenschaftlich besonders stolz während Ihrer Jahre als Direktor am FHI?

Es war mir möglich zum Verständnis der heterogenen Katalyse einen Beitrag zu leisten. Die Idee meiner Abteilung orientierte sich an der Forschung des mit dem Nobelpreis ausgezeichneten Experiments von Gerhard Ertl. Er untersucht einen Grenzfall und wir arbeiteten an der logischen Weiterentwicklung, an der Dynamik und dem Material des Katalysators. Wir haben herausgefunden, dass und wieso das Material und statische Katalysatoren wichtig sind. Im CatLab werden neue Methoden und experimentelle Konsequenzen dafür erarbeitet. Darauf bin ich wissenschaftlich besonders stolz.

Wie hat sich das Institut in den letzten 29 Jahren verändert?

Kurz gesagt – enorm. 29 Jahre sind eine lange Zeit. Als ich an das FHI kam, waren die Abteilungen völlig selbstständig, wie kleine Institute im Institut und waren doch in allen Gebäuden wild gemischt, sodass keine optimalen experimentellen Bedingungen herrschten, von dem Zustand der Gebäude ganz abgesehen. Die einzelnen Gebäude waren umzäunt, es gab kein einheitliches Schlüsselsystem und demnach auch keinen gelebten Campus. Diesen Status Quo wollte ich verändern und habe gleich zu Beginn einen Entwicklungsplan für den Capus geschrieben, der auch zum Jahr 2000 vollständig umgesetzt wurde. In den frühen Jahren mussten die Abteilungen dann räumlich entflochten werden, um inhaltlich besser zusammenarbeiten zu könne. Auch die Werkstätten und weiteren Serviceabteilungen waren zuvor überall verteilt und arbeiteten für die Abteilungen, aber nicht zentral für das ganze Institut. Das haben wir geändert und darauf bin ich besonders stolz. Das entflechten der Abteilungen darf man sich aber nicht als einmaligen einfachen Prozess vorstellen. Viele Umzüge und kleine Schritte waren notwendig, bis der heutigen Campus entstanden ist. Meine Abteilung ist beispielsweise 8-mal umgezogen, anders wäre es nicht gegangen. Für die einzelnen Wissenschaftler*innen und Gruppen war das sehr herausfordernd, für das ganze Fritz-Haber-Institut aber notwendig. Neuberufungen werden dadurch deutlich erleichtert, weil dann ganze Gebäude frei werden, die von den neuen Direktor*innen gleich genutzt werden können.

Was hat Ihnen als Direktor besonders Freude bereitet?

Das Institut als Institution weiterzuentwickeln war Herausfordernd, bereitete mir aber auch Spaß. Die Konzeption all dessen war großartig. Wir haben das Kühlwassersystem verändert und das Institut grundsätzlich in der Organisation optimiert. Es geht darum in Teams, in Matrixorganisationen zu arbeiten. Ich halte es für nicht richtig, Gruppen nur nach Themen zu bilden. Teams sollten entsprechend der Kompetenzen ihrer Mitglieder organisiert sein, so habe ich meine Abteilung strukturiert und das war sehr erfolgreich.

Was hat Sie an der Position als Direktor überrascht?

Dass ein MPG-Direktor viele Freiräume hat, wusste ich vorher und trotzdem hat mich dieser Freiraum sehr überrascht. Es ist nicht Vergleichbar mit einer Professur an einer Universität. Ich war sehr jung, 39 Jahre alt, als ich zum Direktor berufen wurde. Zu der Zeit wurden Direktor*innen relativ überraschend berufen, ich selbst wusste nicht, dass meine Person für diese Position besprochen wurde, bis ich das Angebot bekam – das hat sich heute geändert. Die Freiräume bedeuten auch, dass die eigenen Ausrichtungen geändert werden können und das habe ich für mich nutzen können. Ich bin ein problemorientierter Mensch, änderten sich die Herausforderungen, änderte und passte ich meine Wissenschaft an, um an Lösungen zu arbeiten. Vor allem zu Beginn meiner Zeit als Direktor bin ich alle Herausforderungen ohne Angst angegangen, das war vielleicht auch meiner „Jugendnaivität“ geschuldet. 

Was hätten Sie gerne noch umsetzen wollen?

Ich hätte nichts ändern oder anders machen wollen. Von der Art, wie meine Gruppen organisiert waren, zu der wissenschaftlichen Arbeit an sich bin ich völlig überzeugt. Wir sind einen sehr guten Weg gegangen, haben Antworten auf Probleme gefunden und jetzt können andere an diese Ergebnisse anknüpfen und den Weg weitergehen.

Es wäre falsch von mir, an diesem Weg festzuhalten und ihn selbst weitergehen zu wollen. Neue und jüngere Wissenschaftler*innen mit neuen Ideen und Ansätzen sind entscheidend und tun der Sache immer gut. Wissenschaft muss kreativ und elastisch sein und mit der Zeit werden diese Eigenschaften weniger. Ich bin stolz an dieser Stelle meine wissenschaftliche Karriere zu beenden und Platz für Neues zu machen.

Welche Ratschläge und Wünsche geben Sie dem Institut mit auf den Weg?

Das Institut ist großartig, ich wünsche allen, dass sie in Einheit weitermachen. Die Arbeit, die Themen und Fragestellungen sind so aktuell wie vor hundert Jahren und die Lösungsansätze und Konzepte, die dieses Institut bieten kann, sind für die Welt enorm wichtig. Das sollten alle Kolleg*innen und vor allem alle bedenken, die Verantwortung tragen. Das Privileg aber auch die Verantwortung, die den Direktor*innen am FHI übertragen wurde, ist ein sehr hohes Gut und muss bewusst wahrgenommen werden. Direktor*innen sind wie Mieter*innen an den Instituten und beim Auszug sollte alles ordentlich zurückgegeben werden. Das habe ich versucht und gehe im Guten.  

Vielen Dank für das Interview!

 

Die Idee der Max-Planck-Gesellschaft besagt, Direktor*innen nach dem Harnack-Prinzip zu berufen und arbeiten zu lassen. Dabei geht es um führende Spitzenforscher*innen, die Handlungs- und Gestaltungsfreiraum bekommen. Mit Robert Schlögl wurde vor 29 Jahren ein Direktor berufen, der nicht nur ein hervorragender Wissenschaftler ist, sondern auch menschlich von seinen Kolleg*innen geschätzt wird.

Ein hervorragender Mentor, Kollege und Freund

„Robert ist ein enthusiastischer und entschlossener Wissenschaftler mit einem unglaublichen Wissensreichtum, der unermüdlich neue Ideen verfolgt und seine Kolleg*innen ermutigt, Neuland zu betreten. Neben seinen wissenschaftlichen Leistungen hat er auch eine großartige Persönlichkeit mit ausgezeichneten Fähigkeiten als Mentor für junge Wissenschaftler*innen. Sein Engagement für die Gesellschaft umfasst nicht nur öffentliche Diskussion wichtiger gesellschaftlicher Themen, wie z.B. der Energiewende, sondern auch deren praktische Umsetzung. Eine Konsequenz daraus war die Gründung des CatLab-Projektes.“ – Annette Trunschke, FHI

„Robert Schlögl ist ein hervorragender Direktor mit einem erstaunlichen Wissen. Er hat die Fähigkeit, seine Mitarbeitenden für neue wissenschaftliche Ideen zu begeistern, und er konnte die Leute motivieren, an der Validierung der Ideen zu arbeiten. Robert ist ein sehr freundlicher Mensch, der sehr fruchtbare und nachhaltige Kooperationen und Freundschaften ermöglicht.“ - Axel Knop-Gericke, FHI

„Mein Kollege Robert Schlögl kann am besten als "omni-kompetent" bezeichnet werden, denn in den letzten sechs Jahren, in denen ich das Vergnügen hatte, mit ihm zusammenzuarbeiten, habe ich noch nichts gefunden, was er nicht kann, und nicht nur das, sondern er ist in allem, was er sich vornimmt, hervorragend. In wissenschaftlicher Hinsicht hat er dank der Anwendung und Entwicklung von operando-spektroskopischen und mikroskopischen Charakterisierungsmethoden bahnbrechende Beiträge zum mechanistischen Verständnis katalytischer Prozesse geleistet. Er ist jedoch nicht nur ein engagierter Professor, der jeder wissenschaftlichen Arbeit, an der er beteiligt ist, äußerste Sorgfalt und Genauigkeit angedeihen lässt, sondern auch ein hervorragender Mentor, Kollege und Freund, jemand, der seine Begeisterung für die Wissenschaft, seine Neugierde und seine revolutionären Ideen auf andere übertragen kann.  Er war und ist der Motor für die dringend benötigte Energiewende in Deutschland und hat der deutschen Politik einen enormen Dienst erwiesen. Er hat eine große Anzahl von Patenten angemeldet und ist häufig als Berater für Industriepartner tätig. Seine Verdienste um die akademische Wissenschaft und seine Öffentlichkeitsarbeit waren ebenfalls außerordentlich und werden es in seiner Rolle als AvH-Präsident und Leopoldina-Vizepräsident auch weiterhin sein.

Wer Robert Schlögl kennt, weiß, dass sein Pflichtbewusstsein und sein Dienst am Nächsten jeden gesunden Menschenverstand, jede Selbstbezogenheit und sogar unsere genetisch bedingten Selbsterhaltungsbemühungen weit in den Schatten stellt. Es ist daher zu erwarten, dass Robert mit seinem Ausscheiden aus der FHI nur einen Hut ablegt, aber bereits 50 andere auf ihn warten, denn sein Wert als wissenschaftlicher Berater ist international sehr gefragt...und um ehrlich zu sein, wäre er nicht mehr Robert Schlögl, wenn er nicht eine 200 % Überbelegung in seinem Kalender hätte. Ich wünsche Robert alles Gute für seinen Ruhestand und freue mich darauf, auch in den kommenden Jahren von ihm zu lernen. Seine Verdienste als herausragender Wissenschaftler gehen Hand in Hand mit einem sehr freundlichen Geist, der wissenschaftliche Diskussionen sehr angenehm macht ... natürlich, wenn man den ersten Schock seiner geradlinigen "Bayerischen Art" überstanden hat.“ – Beatriz Roldán Cuenya, FHI

Vielen Dank Robert Schlögl, das Fritz-Haber-Institut verdankt Ihnen sehr viel und wünscht Ihnen für die Zukunft nur das Beste.

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