Entdeckung zur Senkung der CO2-Emissionen im Industriesektor mit Hilfe Grüner Synthese
Das Erreichen einer Netto-Null-Treibhausgasbilanz ist eine große Herausforderung für die chemische Industrie. Dieses Ziel kann durch die Verringerung des Energiebedarfs chemischer Prozesse und die nachhaltige Nutzung von Rohstoffen erreicht werden. Forscher des Fritz-Haber-Instituts haben gezeigt, dass die wertvollen Zwischenprodukte Propylen und Propylenoxid direkt durch Oxidation von Propan in der Gasphase an unspezifischen Grenzflächen, wie z. B. Seesand, gebildet werden können, ohne dass nennenswerte Mengen an CO2 entstehen.
Die chemische Industrie ist für etwa 14 % der CO2-Emissionen im Industriesektor verantwortlich. Eine Schlüsselrolle bei der Verringerung dieser Emissionen spielt die Katalyseforschung. Der Katalysator kann die Bildung von unerwünschtem Kohlendioxid direkt verhindern oder den Energieaufwand für die Reaktion und/oder die Aufbereitung der Produkte reduzieren. Allerdings führt eine komplexe Katalysatoroptimierung nicht immer zum Erfolg. Wir haben festgestellt, dass eine schnelle Reaktion an unspezifischen Grenzflächen sehr effektiv für die Synthese empfindlicher Produkte genutzt werden kann, gerade wenn diese Produkte durch Oxidation synthetisiert werden müssen, wo sie in Gegenwart eines Katalysators leicht zu Kohlendioxid weiterverbrennen. Die wertvollen Zwischenprodukte Propylen und Propylenoxid können sich direkt durch Oxidation von Propan in der Gasphase über reaktionsträge Füllmaterialien wie Bornitrid, Siliziumkarbid oder Seesand bilden, ohne dass nennenswerte Mengen an CO2 entstehen. Obwohl, z. B. aus Modellstudien zu Verbrennungsprozessen in Motoren bekannt ist, dass Propylenoxid als Zwischenprodukt bei der Verbrennung von Propan mit molekularem Sauerstoff entsteht, wurde die Bildung von Propylenoxid aus Propan und Sauerstoff noch nie in der Oxidationskatalyse beschrieben. Mit Hilfe der Massenspektrometrie konnte nachgewiesen werden, dass die Selbstzündung für die Bildung der Produkte notwendig ist. Forschende des Fachbereichs Theorie des FHI bestätigten, dass die Reaktion in der Gasphase stattfindet und durch OH-Radikale gefördert wird.
Diese Erkenntnis ist von grundlegender Bedeutung für die Forschung im Bereich der Oxidationskatalyse. Bei der heterogenen Katalyse erfordert die ausschließliche Bildung eines gewünschten Produkts in der Regel eine hochspezifische Wechselwirkung der reagierenden Moleküle mit dem Katalysator. Eine starke Wechselwirkung führt jedoch zu langen Verweilzeiten der Zwischenprodukte auf der Oberfläche, was zu Folgereaktionen und in der Oxidationskatalyse zur vollständigen Verbrennung wertvoller Ressourcen zu unerwünschtem Kohlendioxid führen kann. Daher ist nicht die Optimierung des Katalysators, sondern die Optimierung der Adsorptions-Desorptionskinetik wichtig, wenn empfindliche Produkte wie Propylenoxid von Interesse sind.
Die Entdeckung ermöglicht auch den Weg zu einer umweltfreundlichen Produktion von Propylenoxid und Propylen in einem einzigen Schritt. Propylen wird derzeit in großem Maßstab durch thermisches Cracken als Ausgangsmaterial für die Polymerisation hergestellt. Propylenoxid ist ein wichtiges Zwischenprodukt in der chemischen Industrie für die Synthese einer Vielzahl von Konsumgütern, darunter Polyole, die bei der Herstellung von Polyurethanen verwendet werden, Propylenglykole als Rohstoffe für die Herstellung ungesättigter Polyesterharze, die in der Textil- und Bauindustrie eingesetzt werden, und Propylenglykolether, die als Lösungsmittel in Farben, Tinten, Beschichtungen und vielen anderen verwandten Anwendungen genutzt werden. Der Bedarf an teuren Hilfschemikalien wie Wasserstoffperoxid, die Komplexität der Prozesse und die erhebliche Umweltbelastung durch die Entstehung von Abfällen stellen wirtschaftliche Nachteile der derzeitigen mehrstufigen Produktionstechnologien von Propylenoxid dar. Prozesssimulationen in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Chemische Energiekonversion in Mülheim an der Ruhr haben gezeigt, dass die kombinierte Synthese der beiden wichtigen chemischen Bausteine Propylen und Propylenoxid in der einfachen direkten Oxidation von Propan über inerten Füllstoffen tatsächlich technologisch machbar ist.