Die Zukunft der physikalischen Chemie

31. Januar 2023

Zwei Tage lang, am 10. und 11. Januar 2023, war das Fritz-Haber-Institut der Max-Planck-Gesellschaft Gastgeber des Symposiums "chemical dynamics at extended scales". Das FHI konzentriert sich vor allem auf die Oberflächen- und Grenzflächenforschung und die Entwicklung neuer Methoden zur Untersuchung chemischer Prozesse. Um die aufkommenden Felder und Themen für die nächsten Jahrzehnte zu identifizieren und zu diskutieren, wurden namhafte Expert*innen der physikalischen Chemie und der chemischen Physik eingeladen.

Das Symposium fand im historischen Harnack-Haus statt und erörterte mögliche zukünftige Entwicklungen, denen sich das FHI angesichts der bevorstehenden Pensionierung von drei Direktoren (Schlögl, Wolf und Meijer) in diesem Jahrzehnt stellen muss.

Die Referent*innen präsentierten ihre Forschungsergebnisse und gaben nicht nur Antworten auf Fragen zu den zukünftigen Herausforderungen, sondern öffneten das Feld für ein viel breiteres Gespräch, insbesondere bei den geführten Diskussionen mit unseren Moderator*innen Stefan Hecht, Christoph Koch, Beatriz Roldán, Karsten Reuter und Eberhard Umbach. Während und nach den Vorträgen verlagerte sich der Fokus auf die scheinbar allgemeinen Fragen: Warum machen wir physikalische Chemie und welche Fragen treiben uns an?

"Wir stehen vor enormen globalen Problemen, die wir angehen müssen. Künftige Forschung darf nicht nur auf Neugierde basieren, sondern muss sich auf dringende globale Fragen stützen, die wir lösen müssen. Ich habe das Gefühl, dass ich mir nicht mehr den Luxus leisten kann, in meinem Labor zu sitzen, um mich als Wissenschaftlerin zu verbessern, und nicht an den dringenden Problemen zu arbeiten, mit denen die Welt jetzt und in naher Zukunft konfrontiert ist." - Iryna Zenyuk

Die aufgeworfene Frage löste faszinierende Diskussionen aus und bot spannende Perspektiven. Die scheinbaren zwei Seiten, zwischen denen sich Wissenschaftler*innen entscheiden müssen - Neugier getriebener oder anwendungsbezogener Forschung - müssen sich nicht gegenseitig ausschließen. Einer der vielen Vorteile der Max-Planck-Gesellschaft besteht darin, immanente Fragen grundlegend anzugehen. Aufgrund dieses Vorteils muss sich das Fritz-Haber-Institut mit dem befassen, was über den Stand der Technik hinaus erforderlich ist. Die Erwartung an das FHI ist, neue Felder zu schaffen, neue Wege zu beschreiten und Theorie und Experiment auf einem höheren Niveau zu verbinden. Um diese Erwartungen wie bisher am FHI erfüllen zu können und sich weiterzuentwickeln, muss der Ansatz an Themen, Ideen und Menschen noch vielfältiger werden.

Die Teilnehmenden waren sich einig, dass Chemie die Welt retten kann und hoffentlich auch wird, indem sie Schlüsseltechnologien für die Herausforderungen in der Energiewende bereitstellt, um den Klimawandel zu bekämpfen und das Recycling von seltenen Materialien zu ermöglichen. Die physikalische Chemie hat demnach das Potenzial, viele der größten Herausforderungen der Welt zu lösen. Die Antwort auf die Frage, wie man Entdeckungen vorantreiben und die Grenzen dessen, was wir sehen und uns vorstellen können, überwinden kann, ist interdisziplinäre Zusammenarbeit. Begegnungen wie dieses Symposium tragen dazu bei, Grenzen zu überwinden und voneinander zu lernen. Die Brücken müssen noch stärker werden - zwischen der akademischen Welt und der "realen Welt". Die nächsten Generationen für diese Fragen zu begeistern, ist eine der großen Aufgaben, die es zu erfüllen gilt.

Das Symposium sollte eine Orientierungshilfe für die Entwicklung einer künftigen Forschungsstrategie bieten, um Spitzenforschung zu diskutieren. Es tat aber noch mehr, indem auch wissenschaftliche Verantwortung kommuniziert wurde. Die Zukunft des Instituts betrifft nicht nur die wissenschaftliche Gemeinschaft - insbesondere die physikalische Chemie -, sondern hat auch die Möglichkeit, das tägliche Leben zu beeinflussen.

Wir danken den Referent*innen und Teilnehmer*innen für dieses anregende Symposium.
 

SpeakerTopic
Lydéric BocquetWater at the Nanoscales: From Fundamentals of Nanofluidics to Innovations at the Water-Energy Nexus
Christophe CopéretBridging the Gap Between Single-Sites and Industrial Catalysts via Surface Organometallic Chemistry
Abhaya DatyeTaming the Dynamics of Single Atoms in Heterogeneous Catalysts via Atom Trapping
Oliver GessnerTime-Resolved X-Ray Studies of Interfacial Energy and Charge Transfer – What Is Needed Beyond the State-of-the-Art?
Frank GloriusN-Heterocyclic Carbenes on Surfaces and in Membranes – Reaching the Next Level
Frank NoéFueling the Next Generation of Molecular Simulations with Deep Learning
Michele ParrinelloThe Dynamical Catalyst
Dierk RaabeSome Ideas about the Material - Chemistry - Mechanics Nexus
Ferdi SchüthContinuously Changing Catalytic Surfaces by Ball Milling
Susannah ScottDirecting Molecular Traffic: Controlling Selectivity in Catalytic Reactions by Integrating Reactions with Separations
Bert WeckhuysenProbing Catalytic Materials at Work Across Different Length and Time Scales with Spectroscopy and Microscopy
Huolin XinArtificial Intelligence and Three-Dimensional In-Situ Transmission Electron Microscopy
Iryna ZenyukTime-Resolved Synchrotron X-Ray Techniques to Understand the Birth of Electrocatalysts during Pyrolysis Process and the Resulting Functionalities

 

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