Dr. Bernd Winter erhält angesehenen ERC Advanced Grant zur Erforschung chiraler Moleküle in Wasser

1. April 2020

Bernd Winter, der das Projekt Liquid Microjet in der Abteilung Molekülphysik leitet, hat einen Advanced Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) erhalten, der mit 2,5 Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren dotiert ist.

Der Europäische Forschungsrat vergibt jedes Jahr mehrere Advanced Grants an etablierte, führende Wissenschaftler, um ein bahnbrechendes, risikoreiches Projekt langfristig zu finanzieren. Mit einer Erfolgsquote von weniger als 10% in dieser Runde der ERC-Förderung ist Bernd Winter mehr als glücklich, dass sein Vorschlag für das Projekt AQUACHIRAL angenommen wurde. Die Auszeichnung ermöglicht es ihm und seinem Team, bestimmte molekulare Eigenschaften in Wasserumgebungen zu erforschen.

"Wir untersuchen, wie sich Moleküle im Wasser verhalten, denn die meisten chemischen Reaktionen in Lebensformen finden in wässriger Umgebung statt", sagt Winter. "Die Untersuchung biochemischer Moleküle und ihrer Reaktionen in dieser Phase ist daher für die Weiterentwicklung der Grundlagenforschung und der angewandten Wissenschaften unerlässlich.“ Winter erhält den Advanced Grant zur Untersuchung einer bestimmten molekularen Eigenschaft: der Chiralität. Chiralität ist ein Spiegelungsphänomen, bei dem gespiegelte Formen nicht deckungsgleich sind - so wie die linke und die rechte Hand auf einander passen, wenn man sie zusammenklappt, aber nicht, wenn man sie übereinander legt. Ein ähnliches Phänomen gibt es in der Chemie, wo es zwei Formen von chiralen Molekülen (Links- und Rechtshänder) gibt, die Enantiomere genannt werden (aus dem Griechischen für "entgegengesetzte Formen"). Enantiomere haben identische physikalische und chemische Eigenschaften, aber sie interagieren unterschiedlich mit anderen chiralen Objekten.

Winter und seine Gruppe am Fritz-Haber-Institut erforschen diese chiralen Komplexe aus verschiedenen Gründen. "Wir versuchen, biochemische Grundlagen aufzudecken", erklärt Winter. "Schließlich sind viele, wenn nicht sogar die meisten der in der Biologie untersuchten Substanzen chiral. Wenn wir die Eigenschaft der Chiralität verstehen, werden wir automatisch unser Wissen über lebende Organismen erweitern". Die Ergebnisse ihrer Arbeit werden auch für die pharmazeutische Industrie von Bedeutung sein, da in der Synthese vieler gängiger Medikamente chirale Verbindungen zum Einsatz kommen. Dort könnte der Wissenszuwachs potenziell zu einem effektiveren Arzneimitteldesign führen.

Im Rahmen des AQUACHIRAL-Projekts werden Winter und seine Gruppe neue Technologien entwickeln und nutzen, um zwei zentrale Herausforderungen anzugehen: die verbesserte Detektion der Chiralität in wässrigen Lösungen unter Verwendung lokal und chemisch zustandsabhängiger elektronischer Fingerabdrücke, und das Verständnis der Energetik, die zu enantiomerspezifischen chemischen Reaktionen führt.

Da Enantiomere mit zirkular polarisiertem Licht unterschiedlich wechselwirken, verwendet Winter einen neuartigen Aspekt der Photoelektronenspektroskopie als Werkzeug zum Nachweis der Chiralität: den Photoelektronen-Zirkulardichroismus (PECD), der eine besondere Vorwärts-Rückwärts-Asymmetrie im Fluss der emittierten Photoelektronen ausnutzt. Was PECD einzigartig macht, ist, dass dieser Effekt auf Absorption basierende chiropische Signale um Größenordnungen übersteigt. Die Messung dieses Effekts in wässriger Lösung von chiralen Molekülen würde einen wissenschaftlichen Durchbruch bedeuten.

Bernd Winter hat am Fritz-Haber-Institut und an der Freien Universität Berlin promoviert. Er arbeitete als Postdoc am Argonne National Laboratory, U.S.A., und am Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching, Deutschland. Mitte der 1990er-Jahre wechselte er zum Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie, Berlin, wo er bis 2009 als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war, bis er zu BESSY, dem heutigen Helmholtz-Zentrum Berlin, wechselte. Derzeit ist Winter Gruppenleiter am Fritz-Haber-Institut, Abteilung Molekülphysik, und seine Forschungsinteressen umfassen die Flüssigkeitsstrahl-Photoelektronenspektroskopie und die elektronische Struktur wässriger Lösungen.

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